„Morgenstund hat Gold im Mund.“
Siehst du dieses Gold an jedem Morgen? Wo ist es geblieben in den Familienmorgen unserer Gesellschaft?
„Jetzt trödle doch nicht so! Wir müssen los!“
Getrieben vom Hamsterrad der Verpflichtungen sehen Tagesanfänge in Familien oft alles andere als optimal aus. Irgendwie kommen die Kinder in den Einrichtungen an. Aber glücklich mit dem Weg dorthin sind Eltern oft nicht:
„Zieh schon mal die Schuhe an! Ich komme gleich! …
Jetzt zieh dich doch endlich an! Warum kann das nicht einfach mal klappen?
Spielen kannst du im Kindi noch stundenlang und hier heute Nachmittag wieder.
Nein, die rote Hose ist in der Wäsche!
Die Erdbeermarmelade ist leer. Die gibt’s morgen wieder.
Die Puppe kannst du nicht mit in den Kindi nehmen.
Hast du an deinen Turnbeutel gedacht?“
Was ist hier los?
Ein gut getakteter Morgen, wie es ihn in vielen Familien gibt. Klar definierte Rahmenbedingungen mit wenig SPIEL. (Bemerkst du die Doppeldeutigkeit des letzten Wortes?) So treffen alle Beteiligten aufeinander:
Erwachsene mit einem Plan und ein Kind im Hier und Jetzt.
Das Kind im Schneckentempo und der Erwachsene im Hamsterrad. Kann das gut gehen?
Wir Erwachsenen denken vielleicht so:
Wir müssen den Kindern nur beibringen, wie das Leben funktioniert, wie die Abläufe gehen, so dass es leicht geht:
Wir sagen es ihnen und zeigen es. Wir leben es vor. Viel Geduld bringen wir dafür auf … Aber irgendwann reißt der Geduldsfaden:
„Ich hab‘s dir doch schon 100 x gesagt … Warum kannst du nicht einfach mal tun, was ich dir sage? Wenn du nicht sofort …, dann …“
Es folgen Strafen, Drohungen oder Belohnungsstrategien.
Und die Kinder? Was denken sie?
Sind sie absichtlich – so unsere Deutung – unkooperativ? Wollen sie uns auf die Palme bringen? Uns provozieren? So fühlt es sich für uns an, wenn wir die Kinder als kleine zu erziehende Erwachsene sehen.
Kinder können aber von ihrer Gehirnreife noch gar nicht so taktieren und böse Absichten hegen. Sie sind einfach da und wollen spielen, wollen mit der Mama oder dem Papa bleiben, wollen mit dem Essen spielen …
Sie sind im Hier und Jetzt und können noch nicht in die Zukunft denken – auf jeden Fall die Kinder bis 5 Jahren und danach geht es auch nur bedingt.
Sie sind Kinder und damit ganz anders als wir!
So prallen wir aufeinander. Und nun?
Wir haben nur eine Chance für Veränderung:
Wir Erwachsenen steigen aus dem Hamsterrad aus, kommen selbst wieder im Hier und Jetzt an, ganz physisch spürbar mit den Füßen auf dem Boden und holen dann die Kinder da ab, wo sie sind.
Wenn nämlich wir im Stress sind und so den Tag beginnen, dann können wir sicher sein, dass die Kinder super kooperativ sind, was bedeutet, dass auch sie in den Stressmodus gehen. Damit ist der erste Wutanfall gleich am Morgen vorprogrammiert.
Die Veränderung beginnt bei uns!
Ein achtsamer Tagesanfang mit ein paar bewussten Atemzügen ist dabei Gold wert. Und da haben wir es schon, das Gold der Morgenstunde.
Nimm dir diesen kleinen Moment am Anfang jeden Tages für dich!
Das lege ich dir sehr ans Herz. Ich verspreche dir, dass all das, was dich selbst wirklich nährt, immer auch deiner Familie dient.
Am Anfang steht eine klare Entscheidung, die du jeden Morgen wieder neu triffst. Wenn du es wirklich willst, dann wird es auch für dich diese Zeit geben! Beginne bei dir und feiere dies, bevor du dich dann bewusst deinem Kind zuwendest.
Und auch deinem Kind gegenüber gilt es, den ersten Moment zu feiern – gleich in der ersten Begegnung:
* Ein bewusster direkter Blickkontakt.
* Ein paar warme Worte.
* Eine satte oder bewusst zarte liebevolle Berührung, bei der du deinen und seinen Körper gut spürst.
* Und später vielleicht auch ein wenig Nonsens beim Anziehen, um das Bedürfnis nach Spiel und Spaß deines Kindes gleich am Tagesbeginn Raum zu geben:
Eine kleine Spielidee:
Ziehe doch einmal deinem Kind mit vielen Worten der Irritation die Jacke an die Füße …:
„Warte mal … Gestern hat doch die Jacke noch gepasst!
Warum geht das denn heute nicht? …“
Oder du sagst beim Losgehen: „Und los geht’s meine Entenkinderlein!“ …
Du ahnst vielleicht schon, dass diese kindlichen spaßigen Momente gleich am Morgen die beste Prävention von Streitereien und Wutanfällen sind.
Mit deiner Bewusstheit hast du so viel mehr Chancen, gerade am Morgen mehr von dem erleben zu können, was du gern willst.
Aber langsam mit deiner Veränderung.
Auch hier sind die ersten Schritte die wichtigsten, bevor es los geht in ein neues Miteinander:
Stopp!
Look!
Go!

